1. Mai 2020
Mustang war einst ein unabhängiges Königreich, gegründet um 1400 von dem legendären Krieger Ame Pal. Durch Sprache und Kultur ist Mustang eng an Tibet gebunden. Der erste einschneidende Wandel erlebten die Lopas nach der Besetzung Tibets durch China im Jahr 1950: Die wichtige Handelsroute zwischen Tibet und Indien brach zusammen, die Grenze zu China (Tibet) wurde geschlossen und der Zugang nach Mustang war für Reisende bis 1992 gesperrt.
Wer heute nach Mustang reist, wird Zeuge eines kulturellen Paradigmenwechsels. Westliche Trekkingtouristen und viele Nepalis auf Motorrädern sind die neue Normalität, genauso wie die zahlreichen Lastwagen und Busse, welche täglich Waren und Menschen hoch hinauf bis zur Hauptstadt auf fast 4'000 Meter über Meer transportieren. Sie alle tragen dazu bei, dass die Eigenversorgung und Weidewirtschaft durch Handel und durch Abwanderung und Tourismus ersetzt werden.
Die neue Zugänglichkeit hat den Wandel massiv beschleunigt. Mit dem gestiegenen Einkommen ziehen es junge Familien vor, ihre Kinder nach Jomsom, Pokhara oder sogar Kathmandu zu schicken. Als direkte Folge davon wurden die wenigen lokalen Grundschulen geschlossen.
Die vereinfachte Erreichbarkeit hat dazu beigetragen, die Gesundheitseinrichtungen zu modernisieren, das Bildungswesen zu verbessern und moderne Dinge des täglichen Bedarfs mitzubringen, die in der Vergangenheit fast nicht vorhanden waren.
Insgesamt hat die Strassenanbindung der Wirtschaft durch den Tourismus einen starken Impuls gegeben. Sie hat die Produkte mit den Märkten, die Arbeiter mit den Arbeitsplätzen, die Studenten mit den Schulen und die Patienten mit den Krankenhäusern verbunden.
Alle beweglichen Gegenstände werden von Mustang nach Pokhara transportiert und vor Ort weiterverwendet. Das alte Schulgebäude wird in die neu gegründete Kudrungma Foundation von Lama Ngawang Kunga Bista integriert und in seinem Sinne weiterverwendet. Allfällige Erlöse aus der Weiterverwendung fliessen zurück in die Kudrungma Foundation und werden gemäss Stiftungszweck verwendet.
Die Great Compassion Boarding School wird weiterhin die tibetische Kultur und Sprache lehren sowie fördern, doch ist es schon länger Realität, dass viele der Schülerinnen und Schüler aus Regionen ohne tibetische Wurzeln kommen und die Schule als Ziel hat, den lokalen Lebensstil, die Kultur und die Ethik aller Kinder zu berücksichtigen.
Für unsere Stiftung ist die Schliessung der Schule in Lo-Manthang kein einfacher Schritt. Wir unterstützen die Entscheidung im Wissen, dass sie immer ein Teil unserer Geschichte sein wird, mit der wir tief verbunden sind und bleiben.
Unser Stiftungszweck bleibt dennoch bestehen und wird auch weiterhin allen Kindern an der Great Compassion Boarding School in Pokhara eine schulische Ausbildung ermöglichen und sie auf ihrem Weg zu unabhängigen, selbstbewussten Menschen begleiten.